Reaktivierung von Nebenbahnen

Machbarkeitsstudie

Anfang November 2020 hat das Land Baden-Württemberg eine Studie zu den Fahrgastpotenzialen stillgelegter Bahnstrecken vorgestellt. Ausgehend von den hohen Fahrgastzahlen, die dabei ermittelt wurden, hat das Verkehrsministerium die Förderung von erforderlichen Machbarkeitsuntersuchungen in Höhe von 75 Prozent der Kosten auf den Weg gebracht und die finanzielle Unterstützung bei späteren Investitions- und Betriebskosten dargestellt (siehe unter "Weiterführende Links"). Der deutlich verbesserte Finanzierungsrahmen und die aufgezeigten Nutzerpotenziale haben die Verantwortlichen im Landkreis Göppingen zu einer Neubewertung der Chancen und Risiken für die Reaktivierung ehemaliger Nebenbahnen bewogen.

Zusammenschluss für die Hohenstaufenbahn und verlängerte Voralbbahn

Weil die Strecken eng verknüpft sind und Betrachtungen im Zusammenhang vielversprechender wirken, haben sich die Verkehrsplaner der Landkreise Göppingen, Esslingen und Ostalbkreis, sowie des Verbands Region Stuttgart und des Regionalverbandes Ostwürttemberg entschlossen, eine Machbarkeitsstudie für die Hohenstaufenbahn und die verlängerte Voralbbahn gemeinsam in Angriff zu nehmen. Sie soll Klarheit darüber bringen, wie es um die Chancen und Risiken für die Reaktivierung der beiden Strecken bestellt ist. Die drei Landkreise und der Verband Region Stuttgart teilen die nicht durch Fördermittel gedeckten 25 Prozent der Kosten der Machbarkeitsstudie unter sich auf.

Details zu den Strecken

Neben der Filstalbahn, wurden früher zwei weitere Schienenstrecken, sogenannte Nebenbahnen im Landkreis Göppingen betrieben. Nördlich von Göppingen führte die Hohenstaufenbahn (auch „Josefle“ oder „Klepperle“) über die Gemeinden Rechberghausen, Birenbach und Wäschenbeuren, vorbei am namensgebenden Hohenstaufen nach Strassdorf, und schließlich hinunter ins Remstal nach Schwäbisch Gmünd. Bis 1984 fand auf der Strecke Personenbeförderung statt bevor sie aus Wirtschaftlichkeitsgründen stillgelegt wurde. 1994 fuhr der letzte Güterzug. Heute befindet sich auf weiten Teilen der Bahntrasse ein beliebter Fahrradweg.

Die zweite Strecke, welche in der geplanten Machbarkeitsstudie untersucht werden soll, ist die Voralbbahn (auch „Mariele“ oder „Boller Bähnle“). Von Göppingen über Eschenbach, Heiningen und Dürnau führt sie - die Kulisse des Albtraufs stets im Blick - nach Bad Boll. Nach der letzten Personenbeförderung 1989 und dem letzten Güterverkehr 1994 war auch hier Schluss und es erfolgte die Stilllegung. Anders als auf dem Radweg zwischen Schwäbisch Gmünd und Göppingen liegen hier aber noch immer Gleise.

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wird die Voralbbahn, zusammen mit der ebenfalls stillgelegten Bahnstrecke zwischen Kirchheim u.T. und Weilheim a.d.T., sowie einem Neubauabschnitt zwischen Weilheim a.d.T. und Bad Boll, als verlängerte Voralbbahn (auch „Ringschluss“-Variante) untersucht. Grund dafür sind Vorstudien und Erkenntnisse aus der Potenzialanalyse des Landes Baden-Württemberg, welche dieser Variante bessere Chancen ausrechnen als den ehemaligen Stichstrecken.

Inhalte und Ziele der Untersuchung

Ziel der Machbarkeitsstudie ist es, die Erkenntnisse aus bisherigen Vorstudien und der Potenzialanalyse des Landes aus dem November 2020 zu vertiefen und so einen besseren Eindruck davon zu bekommen, ob und unter welchen Voraussetzungen sich eine Reaktivierung der Hohenstaufenbahn und der verlängerten Voralbbahn lohnt. Zentral ist dabei der Vergleich zwischen dem potenziellen Nutzen einer Reaktivierung und einer Schätzung der entstehenden Kosten. Unter anderem sind folgende Bestandteile der Machbarkeitsstudie geplant, wie sie auch aus den Förderrichtlinien des Verkehrsministeriums entnommen werden können:

Bestandteile

  • Bestandsaufnahme
    Wie sind die Strecken heute beschaffen? Welche Infrastruktur ist noch vorhanden? Wie ist der planungsrechtliche Status? Wie ist der Raum rund um die Strecken strukturiert?
  • Mögliche Betriebskonzepte (Angebot)
    Welcher Betrieb könnte auf den Strecken realisiert werden? Welche Anpassungen im ÖPNV wären notwendig? Welche Betriebskosten wären zu erwarten?
  • Notwendige Infrastrukturmaßnahmen
    Welche Anforderungen ergeben sich aus den Betriebskonzepten? Welche Investitionen in die Infrastruktur wären notwendig um den Betrieb zu realisieren? Welche Anpassungen und Abweichungen von den ehemaligen Trassen müssten vorgenommen werden?
  • Verkehrsprognose (Nachfrage)
    Welche Nachfrage besteht in Zukunft für die Nutzung der Strecken? Welche Verlagerungseffekte, z. B. vom Individualverkehr, sind zu erwarten?
  • Nutzen-Kosten-Verhältnis
    Kann bei der Umsetzung der Betriebskonzepte von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen ausgegangen werden?

Stand der Dinge (März 2023)

Bis zum Vorliegen der Machbarkeitsstudie sind verschiedene Schritte erforderlich. Hier finden Sie einen Überblick über den aktuellen Stand des Projekts:

Startschuss

Im November 2020 wurde im Raum Göppingen in einer Videokonferenz unter einer Vielzahl von Akteuren aus der Kommunal- und Landespolitik Einigkeit darüber hergestellt, dass eine vertiefende Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Nebenbahnen vergeben wird.

Seitdem wurde das Projekt konsequent vorangetrieben. Die Federführung übernahm dabei die Verwaltung des Landkreises Göppingen, welcher bereits Anfang Dezember seine finanzielle Beteiligung an der Machbarkeitsstudie beschloss.

In enger Zusammenarbeit mit den weiteren beteiligten Landkreisen Esslingen und Ostalb und dem Verband Region Stuttgart wurden die weiteren Schritte vorangetrieben. Dazu gehörten die notwendigen Vorbereitungen für die Förderantragstellung, für die Vergabe der Machbarkeitsstudie an ein Gutachterbüro, sowie die weiteren notwendigen Gremienbeschlüsse zur Beteiligung an der Studie bei den anderen drei Partnern. Unterstützend war dabei der Regionalverband Ostwürttemberg tätig.

Förderung und Gremienbeschlüsse

Ein erster gemeinsamer Erfolg war die Einigung mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg als Fördergeber über die Inhalte und den finanziellen Umfang der Untersuchung. Ebenfalls beteiligt war dabei die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW), welche die Abwicklung des Förderantrags übernimmt.

Der nächste erfolgreich abgeschlossene Schritt war die Sicherung der finanziellen Beiträge durch die jeweiligen politischen Gremien der beteiligten Partner vom Verband Region Stuttgart (Beschluss am 17.03.21), dem Landkreis Esslingen (Beschluss am 18.03.21) und abschließend vom Ostalbkreis (Beschluss am 13.04.21).

Der eingereichte Förderantrag wurde im Juli 2021 bewilligt. Somit sind auch formal die Fördermittel zur Erarbeitung der Machbarkeitsstudie gesichert.

Unmittelbar nach Vorliegen des Förderbescheids konnte das Landratsamt Göppingen den Auftrag zur Erstellung der Machbarkeitsstudie öffentlich ausschreiben. Jetzt haben qualifizierte Ingenieurbüros die Möglichkeit sich mit Ihrem Angebot zu bewerben. Nach der Auswahl eines Gutachters soll die Untersuchung der Strecken zwischen Kirchheim, Göppingen und Schwäbisch Gmünd im Herbst 2021 beginnen.

Bearbeitung der Machbarkeitsstudie

  • Unmittelbar nach Vorliegen des Förderbescheids konnte das Landratsamt Göppingen den Auftrag zur Erstellung der Machbarkeitsstudie öffentlich ausschreiben. Es hatten qualifizierte Ingenieurbüros die Möglichkeit sich mit ihrem Angebot zu bewerben.
  • Aus dem Ausschreibungsverfahren ging letztendlich die VWI Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart GmbH als Sieger hervor, welche durch die Deutsche Bahn Engineering & Consulting GmbH unterstützt wird. Der Zuschlag wurde im Oktober 2021 erteilt.
  • Nach dem Bearbeitungsstand durch das VWI wurden zunächst Grundlagen zur Untersuchung der Strecken zusammengetragen um den Status Quo zu ermitteln. Dazu wurde unter anderem der Zustand der Infrastruktur ermittelt und der gesamte Streckenverlauf begutachtet.
  • Darauf aufbauend wurden alle denkbaren Varianten zur Reaktivierung und dem Neubauabschnitt zwischen Bad Boll und Weilheim durch die Gutachter zusammengetragen. Dabei betrachtet die Deutsche Bahn Engineering & Consulting insb. Fragestellungen der Infrastruktur, während das VWI mögliche Betriebskonzepte entwickelt. In einem Stufenweisen Vorgehen wurden bis zum Abschluss der Untersuchung von Gutachterseite im Dezember 2022 Nutzen-Kosten-Vergleiche für aussichtsreiche Varianten ermittelt. Die Berechnung dieses Nutzen-Kosten-Vergleichs orientiert sich an der „Standardisierten Bewertung 2016+“, welche später entscheidend für die Übernahme von möglichen Investitionskosten ist.

Untersuchungsergebnisse

In einer nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung am 06.03.2023 wurden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie den Verwaltungsspitzen der Landkreise und des Verband Region, Landtagsabgeordneten, Vertretern der Städte und Gemeinden, Vertretern aus den Kreistagen und der Regionalversammlung sowie Fachverbänden und Fahrgastbeiräten vorgestellt. Die Präsentation aus der Veranstaltung mit den zentralen Ergebnissen können Sie hier einsehen:
Ergebnisse Machbarkeitsstudie Reaktivierung Nebenbahnen (10,024 MB)

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Weitere Details und Hintergrundinformationen

Falls Sie sich weiter zum Thema informieren möchten stellen wir hier umfangreiche Dokumente mit weiteren Informationen zur Verfügung.

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Weiterführende Links

Reaktivierung Bahnstrecken: Stillgelegte Gleise zu neuem Leben erwecken

Ansprechpartner

Daniel Sauter
Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur
Verkehrsplanung
Telefon: 07161 202-5510
E-Mail: d.sauter@lkgp.de